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Ist das duale Bildungssystem auf Kurs? Diese Frage diskutieren Experten:innen aus Wirtschaft, Bildung und Politik in Uetikon am See

von Dani Heusser

 Foto Kurt Regine Sauter Wirtschaftsforum 051023

Bild: Kurt Adank (S&B Institut, Bülach) und Regine Sauter (Präsidentin Zürcher Handelskammer, Nationalrätin FDP)

Es ist mein allererster Arbeitstag in einem neuen Beruf. Ich bin gerade 45 Jahre alt geworden und arbeite jetzt auch als Berufsberater. Warum, du machst doch Filme? Werde ich gefragt. Ich sage: Ja, ich interessiere mich für Menschen. Erzähle gerne ihre Geschichten in Dokfilmen und höre und reflektiere gerne ihre Geschichten als Berufsberater. Bei beidem geht es um die Essenz von Biografien. Auf den Beruf bezogen heisst das für mich, seine Berufung zu finden und am Morgen gerne aufzustehen. Das klingt wie eine Plattitüde und ist auch eine. Aber sie bedeutet Lebensqualität. 

Ich sitze in einer alten Fabrikhalle und höre verschiedene Input-Referate. In der Pause werde ich angesprochen: Entschuldigung, dieser „I love my job“-Button, den sie tragen, kann ich auch so einen haben? Bei der Fragenden handelt es sich um Nationalrätin Regine Sauter (FDP) und sie fügt an: „Ich liebe meinen Job nämlich auch.“ Sie trägt den Slogan des S&B Instituts fortan selbst. Genau wie Radiozürisee-Moderator Martin Diener, der gekonnt durch den Nachmittag führt. Mit Mitte Fünfzig kann er immer noch sagen: „Ich habe den besten Job der Welt und meine Passion gefunden.“ Chapeau. 

Nur, wie kommt man dahin? Was ich bis jetzt von meinem neuen Beruf weiss, lässt sich so zusammenfassen: Es braucht Zeit und den Willen, dass sich junge wie ältere Arbeitnehmende mit Fragen beschäftigen wie: Wer bin ich? Was will ich machen im Leben? Wofür brenne ich? 

In der Schweiz, mit seinem durchlässigen Bildungssystem, ist jeder Karriereweg möglich. Ich bin ein gutes Beispiel: Realschule, 10. Schuljahr, KV, Berufsmaturität, Filmemacher, Master-Student, Berufsberater. Kein klarer und kein linearer Weg. Aber am Ende führte er mich zu meiner Passion: Geschichten. Dass Erwerbstätige hierzulande hervorragende Bedingungen haben, stellen auch die zahlreichen, geladenen Experten:innen in ihren Präsentationen und Diskussionen fest.

Eingeladen ist auch mein erfahrener Berufskollege Kurt Adank. Er stellt den ganzheitlichen Beratungsprozess des S&B Instituts vor und präsentiert Erkenntnisse aus der Bildungslandschaft, die ich mir notiere: die Jugendarbeitslosigkeit in der Schweiz ist international verglichen sehr tief. Interessanterweise ist sie in Ländern, die ein ähnliches duales Bildungssystem haben, auch so tief. 

Insgesamt herrscht der Konsens, dass der Werkplatz Zürich und die Schweiz zu ihrem Bildungssystem Sorge tragen müssen. Aber man darf auch Dinge hinterfragen, die gut sind. Und das macht dieser Anlass. Es wird gefordert: der Fachkräftemangel muss angegangen werden. Die Volksschulen und die Wirtschaft müssen näher zusammenarbeiten. Nicht alle, sondern die richtigen Jugendlichen sollen ans Gymnasium gehen und die Berufsmaturität muss gestärkt werden. Ich notiere weiter. 

Jede und jeder soll also das Seine finden. Das steht für mich über allem. Um rauszufinden, was das ist, hilft es, die eigenen Kompetenzen, Fähigkeiten und Interessen zu erforschen. Sei es im Berufswahlunterricht in der Schule, in einer Studienberatung oder später im Rahmen einer Standortbestimmung. Eine ausgeprägte Selbstkenntnis und professionelle Hilfe können unterstützen, den Job zu finden, den man liebt. Und vielleicht dauert das etwas länger als man denkt. Aber das macht nichts. 

Musiker Toni Vescoli (81), am Ende der Veranstaltung als Gast auf dem Podium, blickt zurück auf ein erfülltes Leben und fasst die Frage der richtigen Berufswahl so zusammen: „Ich sage immer, wähle einen Beruf, der dir sehr gefällt. Dann musst du ein Leben lang nicht mehr arbeiten.“

 

 

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